9. April 2025

«Bis vor kurzem war es ein Wunder, eine ICT-Fachkraft zu finden – jetzt ist es «nur noch» schwierig»

Vollbeschäftigung in der ICT und dennoch Fachkräftemangel: Die neuesten Zahlen zeigen sinkende Arbeitslosigkeit bei steigenden offenen Stellen. Für swissICT-Geschäftsführer Christian Hunziker ein klares Zeichen: Der Mangel ist strukturell und wird sich weiter zuspitzen. Im Interview erklärt er, wo die Herausforderungen liegen und wie Unternehmen reagieren können.

Die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen wieder einen Anstieg offener Stellen in der IT-Branche bei gleichzeitig sinkender Arbeitslosigkeit. Wie ordnest du diese Entwicklung und die gemeldeten Zahlen ein?

Gemäss BFS ist die Zahl der arbeitslosen ICT-Fachkräfte ist wieder deutlich unter 4’000 gefallen. Und selbst die höhere Zahl der arbeitssuchenden ICT-Fachkräfte beträgt nur etwas mehr als 5’000 Personen. Beide Werte sind damit unter 2% und klar unter der sogenannten Sockelarbeitslosigkeit. Wir haben also eine Vollbeschäftigung und dies obwohl die Monate zuvor ein Anstieg der Zahlen zu verzeichnen war. Oder etwas plakativer formuliert: Noch bis vor kurzem war es für Unternehmen ein Wunder, eine ICT-Fachkraft anstellen zu können – jetzt ist es «nur noch» schwierig.

 

swissICT spricht seit Jahren vom Fachkräftemangel in der ICT. Sind die aktuellen Zahlen aus deiner Sicht ein weiterer Beleg dafür oder wie interpretierst du sie in Bezug auf den Arbeitsmarkt?

Die aktuellen Zahlen zeigen klar, dass bereits heute ein Fachkräftemangel besteht. Dass dies kein kurzfristiges Problem ist, sondern bereits mittelfristig noch intensiver wird, zeigt die regelmässig durchgeführte Analyse von ICT-Berufsbildung Schweiz. Sie gehen bis 2030 von ca. 40’000 fehlenden Fachkräften aus – und dies nachdem bereits die neuen Abgänger:innen, Quereinsteiger:innen und eine Zuwanderung berücksichtigt wurde.

 

Welche Berufsprofile oder Fachbereiche sind aktuell besonders gefragt und wo ist der Mangel am gravierendsten?

Das Spektrum der ICT-Profile ist mit über 50 Berufen sehr breit und die hohe Dynamik in diesem Sektor führt auch immer wieder zu Verschiebungen. Aktuell sind sicherlich die Security-Spezialist:innen sowie die Themen rund um Data Science und KI sehr gefragt. Aber auch alle Berufe der agilen Methodik zeigen weiterhin ein hohes Wachstum, wie unsere ICT-Salärstudie zeigt.

 

Was können Unternehmen deiner Meinung nach jenseits von höheren Löhnen konkret tun, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?

Ich höre leider noch zu oft, dass die «perfekte Fachkraft» noch nicht gefunden wurde. Die Zero-Gap-Suche, bei der alle Anforderungen an eine ausgeschriebene Stelle schon zu 100% beim Stellenantritt erfüllt sein müssen, passt nicht in die aktuelle Marktsituation. Wer mit diesem Ansatz eine Stelle lange unbesetzt hält, verpasst die Chance, motivierte Kolleg:innen mittels einer Einführung – und gegebenenfalls auch einer Weiterbildung – zu gewinnen und auch längerfristig für das Unternehmen zu begeistern.

 

Wie engagiert sich swissICT aktuell, um Mitglieder und die Branche bei dieser Herausforderung zu unterstützen?

Unsere Angebote ermöglichen es, Mitarbeitende und Kandidat:innen mit einer Standortbestimmung einzuordnen. Sei es über eine Selbsteinschätzung, wie mit dem ICT Career Advisory, oder einer fundierten Analyse von Lebenslauf und abrufbarem Wissen mittels dem SI-Kompetenzcheck. Darauf aufbauend können spezifische Weiterbildungsprogramme definiert werden oder über unseren swissICT Booster auch mit einem Praxisprogramm von bis zu 6 Monaten begleitet werden.

 

Warum lohnt sich die Mitgliedschaft insbesondere für Arbeitgeber:innen, die auf der Suche nach Talenten und Expert:innen sind?

Arbeitgeber:innen können sich in verschiedenster Weise präsentieren. Sei es über spannende Fachartikel auf dem swissICT-Blog, die in unserem Newsletter und über Social Media geteilt werden, über die Publikation von Veranstaltungen in unserem Eventkalender, oder als Host bei Events von Fachgruppen. Unsere grosse Reichweite in der Kommunikation und die über 3’000 Teilnehmenden an den Fachgruppen-Events sind ein aktives Netzwerk, dank dem schon manches Mitglied neue Talente und Expert:innen gefunden hat.

 

Christian Hunziker kennt den ICT-Arbeitsmarkt aus erster Hand: Als Geschäftsführer von swissICT beobachtet er die wachsende Nachfrage nach Fachkräften im Schweizer ICT-Sektor. Gemeinsam mit swissICT und allen Fach- und Arbeitsgruppen setzt er sich dafür ein, dem strukturellen Fachkräftemangel durch gezielte Weiterbildung und Vernetzung entgegenzuwirken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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