14. Oktober 2024
Drei Trends in der Weiterbildung

Vor kurzem habe ich einen Cartoon gesehen, der mich zum Schmunzeln gebracht hat: drei mit Fell bekleidete Steinzeitmenschen sitzen in einer Höhle, vor ihnen ein Feuer, neben ihnen ein Rad aus Stein, an den Wänden Malereien, am Boden Faustkeile. Der Chef schaut die beiden anderen an und sagt: «Nachdem wir jetzt alles Wesentliche erfunden haben, können wir doch eigentlich das Thema Weiterbildung von der To-Do-Liste streichen, oder?»
Wohl schon oft in der Geschichte dachten die Menschen, dass sie jetzt Bescheid wüssten, alles Wichtige gelernt hätten. Weit gefehlt… die Welt dreht sich immer schneller und die Halbwertszeit von Bildung wird kürzer und kürzer. Statt «learn – earn – retire» gilt heute «learn – earn – learn something new – earn more (…)». Und KI beschleunigt das Ganze noch einmal. Umso wichtiger wird die Weiterbildung, die den Menschen im Spurt begleitet und selbst verschiedenen Trends ausgesetzt ist.
Trend 1: Digitale Transformation
In der Tat prägt der durch Digitalisierung und insbesondere KI ausgelöste Änderungsschub die Weiterbildungslandschaft. Weiterbildungsinteressierte suchen nach Studiengängen, die sie rasch, flexibel und möglichst individuell auf den neusten Stand bringen. Und Weiterbildungsanbieter kommen, wenn auch oftmals mit Verzögerung, den Wünschen nach, indem sie entsprechende Angebote implementieren – und das nach Möglichkeit unter Einsatz der digitalen Errungenschaften.
Das Interesse an Digitalisierung und mehr Wissen zu KI ist berechtigt, verändert KI die Berufswelt doch nachhaltig. So kann KI komplexe Aufgaben übernehmen, die ein hohes Mass an Sprach- und Zahlenkompetenz erfordern, und damit erhebliche Auswirkungen auf Wissensberufe haben. Oder sie ermöglicht die Automatisierung von Tätigkeiten, für die der Mensch dann nicht mehr benötigt wird. Die OECD schätzt, dass sich im nächsten Jahrzehnt 1,1 Milliarden Arbeitsplätze durch die Technologie radikal verändern.
Damit Mitarbeitende und Führungskräfte fit sind für die neue Arbeitswelt, sind Umschulungs- und Weiterbildungsprozesse nötig. Die Aussage, «KI führt nicht zu weniger, sondern zu anderen Jobs», ist zu einem gängigen Zitat geworden. Gemäss der TÜV-Weiterbildungsstudie 2024 vom Juni dieses Jahres tun sich viele deutsche Unternehmen aber schwer damit, die neue Realität zu akzeptieren. Die Studie zeigt, dass aktuell lediglich 12 Prozent der Unternehmen Mitarbeitende an KI-Fortbildungen teilnehmen liessen. Weitere 6 Prozent planen solche Schulungen, während 10 Prozent den Bedarf noch prüfen. Überraschend ist, dass 71 Prozent der befragten Unternehmen derzeit keine KI-Schulungen durch führen.
Trend 2: Soft Skills sind sehr gefragt
Mit dem durch KI beschleunigten Digitalisierungsschub werden aber nicht nur technologische, analytische und ethische Kompetenzen wichtig, sondern auch menschliche. Denn KI bietet nicht nur Chancen, sondern verunsichert auch. Viele Mitarbeitende sorgen sich um ihren Job, um ihre Autonomie, um ihre psychische Gesundheit. Hinzu kommt, dass eine junge Generation den Arbeitsmarkt aufmischt und dass mit New Work neue Arbeitsmethoden, flexible Arbeitsorte und andere Organisationsformen notwendig sind.
Das prägt die Aufgabe der Führungskräfte in Unternehmen. Sie müssen in Zeiten von Remote Work, Digitalisierung und Automatisierung mit ihren zwischenmenschlichen Fähigkeiten für psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz sorgen und bis zu vier Generationen gleichzeitig mit auf die Reise nehmen. Wichtiger denn je sind Empathie, ein gemeinschaftlicher Führungsstil, der eher ins Coaching geht, denn ins Anweisungen geben, transparente Kommunikation, der Blick auf den Schutz der Mitarbeitenden (vor allem in Bezug auf Gesundheit, Persönlichkeit, Datenschutz) und Inklusion.
Konkret: In einer Welt, in der Individualität einen hohen Stellenwert geniesst, wollen Mitarbeitende authentisch leben können, Wertschätzung am Arbeitsplatz spüren, ihr eigenes Potenzial weiterentwickeln und bei fairem Lohn flexibel arbeiten können. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass die Unternehmenskultur, die Vision oder das Employer Branding wichtiger sind als je zuvor. Dies umso mehr, als es in vielen Branchen schwieriger geworden ist als früher, gute Mitarbeitende zu finden und zu binden. Alle genannten Themen können in der Weiterbildung auf- genommen und professionalisiert werden.
Trend 3: Individueller, flexibler, kürzer
Mit den Menschen und Möglichkeiten ändern sich nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Formen und Möglich- keiten der Weiterbildung. Vor allem junge Generationen wollen ein auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmtes Weiterbildungsportfolio geniessen. Flexibel muss die Weiterbildung sein, kurz und auf den Punkt gebracht, mit einem starken Fokus auf Anwendung statt Wissenserwerb.
Für die Weiterbildungsanbieter benötigt es einen Innovationsschub und grosse Investitionen in Technologie. Nur so können sie hybrides, multimediales und mobiles Lernen ermöglichen oder virtuelle soziale Interaktionen, Gamification oder gar personalisierte Lernpläne auf Basis von Big Data und KI anbieten. Die Herausforderungen sind immens, und wie auch die Unternehmen hinkt der Weiterbildungsmarkt oftmals den Möglichkeiten hinterher.
Der kurze Abriss zeigt: Lebenslanges Lernen ist nicht nur eine Floskel. Wer nicht stehen bleiben, sich überholen lassen und allenfalls den Job verlieren will, muss sich all den Neuerungen stellen, die auf ihn zukommen. Und das gilt nicht nur für Individuen, sondern auch für Unternehmen und Weiterbildungsinstitutionen. Kurz: Es wäre ein Fehler, die Weiterbildung von der To-Do-Liste zu streichen.