2. März 2020
Arbeiten in der Gig Economy: Upgrade jetzt!
von Daniel Hügli, Zentralsekretär Sektor ICT, syndicom
Mehr Autonomie für Arbeitende, mehr Innovation für Unternehmen! Dies ist das Versprechen der Gig Economy. Denn alles, was jemand braucht um Aufträge in der Gig Economy annehmen zu können, ist eine App. Arbeiten, wann und wie viel sie wollen. Die technologischen Möglichkeiten öffnen in der Arbeitswelt Türen zu neuen Arbeitsmodellen. Und sie sind zahlreich, die Schweizer Erwerbstätigen, die durch diese Türen gegangen sind.
Die Länderstudie «Work in the European Gig Economy» zeigt das grosse Ausmass digitaler Erwerbsformen in der Schweiz. Nicht weniger als 32 Prozent der befragten Schweizerinnen und Schweizer haben bereits Crowdwork gesucht – und gut 18 Prozent sind tatsächlich fündig geworden. Ein Wert, der hochgerechnet ungefähr 1’090’000 Personen entspricht. Damit liegt die Schweiz in einem internationalen Vergleich zwar hinter Österreich, aber deutlich vor den Ländern Grossbritannien, Deutschland, Holland und Schweden. 10 Prozent der Befragten machen sogar mindestens wöchentlich Crowdwork.
Für zahlreiche Schweizer Erwerbstätige ist die Gig Economy Arbeitsalltag
Auch die Bedeutung von Crowdwork für die einzelnen Personen überrascht: 26 Prozent der befragten Crowdworker sagen, dass die Einnahmen aus der Crowdwork mindestens die Hälfte ihres Gesamteinkommens ausmachen. 12.5 Prozent der Crowdworker bezeichnen Crowdwork gar als einzige Einkommensquelle. Das entspricht hochgerechnet 135’000 Personen in der Schweiz, je knapp die Hälfte davon Frauen und Männer. Die höchste Crowdwork-Konzentration weist das Tessin auf. Ebenfalls hoch ist der Anteil an Crowdwork in und um Zürich.
Die am häufigsten gesuchte Art von Crowdwork sind Arbeiten, welche am eigenen Computer zuhause ausgeführt werden können über Online-Plattformen. 79 Prozent der Crowdworker suchen Arbeiten in dieser Kategorie. 76 Prozent der Befragten sagen, dass sie für verschiedene Kunden ausser Haus tätig sein wollen. Beispielsweise für einen Haushaltsdienst. 62 Prozent der Befragten erklären, dass sie Arbeit bei Fahr- oder Lieferdiensten suchen. Beispielsweise im Taxibereich. Crowdwork umfasst längst nicht nur Clickwork, sondern auch hochqualifizierte Arbeiten wie juristische Dienstleistungen, Buchhaltung oder Kreativjobs.
Wer bezahlt welchen Preis und wer trägt die Verantwortung?
Der Preis für die individuelle Flexibilität von Crowdworkern kann jedoch hoch sein. Denn es fehlt nach wie vor an kollektiven Absicherungen und Regelungen. Dank der Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Unternehmen bzw. ihren Verbänden ist es möglich, auf die sich verändernde Arbeitswelt schnell ausgewogene Antworten zu finden. Die Gewerkschaft syndicom konnte so vor gut einem Jahr den Abschluss eines Code of Conduct mit einer Crowdwork-Plattform im Eigentum eines grossen Schweizer Konzerns bekannt geben.
Dieser verpflichtet die Plattform, die Aufträge auf ihre Gesetzeskonformität hin zu prüfen und klare Aufgaben sowie einen angemessenen Erfüllungszeitraum zu definieren. Zudem kann die Plattform von den Crowdworkern den Nachweis über die Anmeldung und korrekte Abrechnung bei den zuständigen Sozialversicherungsbehörden verlangen. Die Plattform hat schliesslich die Pflicht, die nationale und internationale Rechtsordnung sowie das Recht auf kollektive Vertretung und Verhandlung der Crowdworker zu achten. Ausserdem enthält der Code of Conduct Regelungen zu Datenschutz und Schutz der Privatsphäre.
Für eine Sozialpartnerschaft auf der Höhe der Zeit
Die Ausgestaltung des Arbeitsmodells wird somit darüber entscheiden, ob die Gig Economy eine sozial verantwortliche Zukunft hat. Dafür braucht es eine innovative und konstruktive Sozialpartnerschaft auf der Höhe der Zeit. Aus Sicht der Beschäftigten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit oder für selbstbestimmteres Arbeiten – aus Sicht der Unternehmen für Innovationen und kreative Lösungen.
Autor: Daniel Hügli, Zentralsekretär Sektor ICT, syndicom – Gewerkschaft Medien und Kommunikation
Bild: Impact Hub in Zürich, von Tom Kawara
Disclaimer: Dieser Artikel erscheint im Kontext der Arbeitswelten-Konferenz von swissICT am 26. März 2020 in Zürich. Der Autor Daniel Hügli wird an der Konferenz das Thema noch näher vorstellen in seinem eigenen Slot. Das gesamte Programm sowie Tickets finden Sie unter www.swissict-arbeitswelten.ch.
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