26. Februar 2025
Skills statt Abschlüsse: Wie «42 Zürich» das IT-Lernen neu definiert

Liebe Cristina, du leitest mit «42 Zürich» eine kostenlose Programmierschule, die in über 30 Ländern IT-Talente für die digitale Zukunft fördert. Was begeistert dich am meisten an deinem Job?
Mich fasziniert, dass wir mit der 42 Informatikschule Menschen eine echte Chance bieten, unabhängig von ihrem bisherigen Bildungsweg in die IT-Welt einzusteigen. Wir schaffen eine Lernumgebung, in der Talent, Neugier und Problemlösungsfähigkeit mehr zählen als Diplome oder ein perfekter Lebenslauf.
In einer Welt, in der sich Technologien rasant weiterentwickeln, befähigen wir unsere Studierenden, die entscheidenden Future Skills zu meistern: Eigenverantwortung, Kollaboration, Resilienz und Innovationskraft. Besonders inspirierend finde ich, wie unsere Studierenden voneinander lernen, sich gegenseitig herausfordern und gemeinsam wachsen.

Das 42 Netzwerk umfasst mehr als 50 Campuse in über 30 Ländern. 42 Lausanne zählt bereits rund 700 Studierende, «42 Zürich» eröffnet voraussichtlich 2026.
Wie unterscheiden sich die Lernmethoden von «42 Zürich» von traditionellen (IT-) Ausbildungen?
Bei 42 Zürich gibt es keine klassischen Lehrpersonen, keine Vorlesungen und keinen festen Lehrplan. Stattdessen steht das selbstständige, kollaborative, gamifizierte, praxisorientierte Lernen im Mittelpunkt. Die Studierenden bearbeiten IT-Projekte, die sie entweder alleine oder im Team lösen müssen. Dabei gibt es keine Musterlösungen – sie müssen ihre eigenen Antworten finden und lernen, sich neues Wissen selbst anzueignen.
Nach Abschluss eines Projekts bewerten sich die Studierenden gegenseitig, indem drei Peers die Lösung überprüfen und konstruktives Feedback geben. Dies stärkt nicht nur das eigene Verständnis, sondern auch die Fähigkeit, kritisch zu denken und Wissen verständlich zu vermitteln. Prüfungen werden ohne Hilfestellungen durchgeführt und können beliebig oft wiederholt werden, bis das Konzept wirklich verstanden ist. Dieser Ansatz entwickelt genau die Future Skills, die laut dem WEF Future Jobs Report entscheidend für die Arbeitswelt von morgen sind: Problemlösungsfähigkeit, Eigenverantwortung, Resilienz und kollaboratives Arbeiten.
Wie definiert ihr Erfolg bei euren Programmen und welche Rückmeldungen erhaltet ihr von Unternehmen über eure Talente?
Unsere Partnerunternehmen, die regelmässig 42-Absolvent:innen einstellen und begeistert von ihrer Leistung sind, bestätigen immer wieder, dass unsere Talente schnell produktiv in Teams arbeiten und pragmatische Lösungen finden. Sie wissen, wie man neue Technologien selbstständig lernt, sich in Teams integriert und komplexe Herausforderungen meistert. Genau diese Fähigkeiten machen sie zu einer wertvollen Bereicherung für jedes Unternehmen, das nach flexiblen und lösungsorientierten IT-Talenten sucht.
Starke Partnerschaften in die IT-Branche spielen eine wichtige Rolle. Welche Voraussetzungen sollten mögliche Partner erfüllen?
Wir suchen Unternehmen, die sich trauen, neue Wege in der Rekrutierung zu gehen und erkannt haben, dass traditionelle Lebensläufe nicht mehr der einzige Erfolgsfaktor sind. Besonders wertvoll sind für uns Partner, die den Wert von Diversität in Tech-Teams erkannt haben. Unsere Studierenden kommen aus den unterschiedlichsten Hintergründen – genau diese Vielfalt ist der Schlüssel zu kreativen und innovativen Teams. Wir akquirieren unsere Partner gezielt durch den direkten Austausch mit Unternehmen, die nach flexiblen, lösungsorientierten, motivierten Talenten suchen und an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert sind.

Entscheidende Future Skills: Kollaboratives Arbeiten, Resilienz, Eigenverantwortung und Innovationskraft.
Gibt es sonst noch etwas, das wir unbedingt über dich oder «42 Zürich» wissen sollten?
Ja! 42 ist weit mehr als eine Schule – wir sind eine Community, die neue Wege in der IT-Bildung eröffnet. Besonders für jene, die IT früher nie als Option gesehen haben, zeigt unser Modell, dass es alternative Zugänge zur digitalen Welt gibt. Wir beweisen, dass Informatik für alle zugänglich ist – unabhängig von Vorbildung oder Erfahrung. Wer neugierig ist und den Willen hat zu lernen, kann jederzeit starten und sich aktiv auf die Zukunft vorbereiten.
Und zum Schluss: Was ist deine persönliche Superkraft?
Meine Superkraft ist meine Neugier gepaart mit einem tiefen Verständnis für Menschen und ihre individuellen Stärken. Ich liebe es, neue Technologien und Methoden zu entdecken. Doch was mich wirklich antreibt, ist das Wissen, wie Technologie und Methodik das Leben und die Arbeit von Menschen verbessern können. Diese Denkweise hilft mir, nicht nur selbst am Puls der Zeit zu bleiben, sondern auch 42 Zürich als Lernplattform so zu gestalten, dass sich jede:r individuell entfalten kann.
Über Cristina Bucher
Cristina ist Geschäftsführerin von «42 Zürich» und leitete davor jahrelang Projekte bei Swisscom – unter anderem zu Internet-of-Things und 5G. Sie hat einen Master (of Arts) in Business Administration der Universität Zürich und ein MAS in Computer und Information Sciences der ZHAW. Die Kombination aus diesen Erfahrungen nutzt sie um das Projekt 42 Zürich zu leiten.